Pfalzgrafenstein – Die Schöne auf der Insel
- Vom August 08, 2016
- Von Dieter Weber
- In Aktuelles
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Gewinner des RZ-Preisrätsels nahmen an exklusiven Führungen durch die Zollburg Pfalzgrafenstein und das Blüchermuseum teil.
Text: Ulrike Bletzer – erschienen in der RLZ am 11.07.2016
Fotos: Ulrike Bletzer
Malerisch und zun Greifen nah thront sie über dem Rhein, die Burg Pfalzgrafenstein bei Kaub mit ihren trutzigen. weiß getünchten Mauem, ihren verspielt wirkenden Türmchen, Fensterchen und Scharten. Irgendwie erinnert die Schöne an ein Schlachtschiff, was wohl vor allem an ihrer lang gestreckten, an der Südseite spitz zulautenden Form liegt. „Meine Kollegin schwimmt im Sommer manchmal hinüber“, erzählt Burgverwalter Heinrich Jung, der heule 16 Abonnenten der Rhein·Zeitung zu einer exklusiven Führung abholt. 16 Abonnenten, die aus dem gesamten Rhein-Lahn-Kreis, aber beispielsweise auch aus Koblenz oder Frei-Laubersheim nahe Bad Kreuznach kommen und beim Preisrätsel der RZ·Serie “Unsere Burgen’ Geschichten & Geheimnisse” die Nase vorn hatten.
Sie treiben logischerweise keinen Wassersport, sondern werden von Heinz-Dieter “Pit” Kimpel höchstpersönlich auf seiner kleinen Personenfähre hinübergebracht. Seit elf Jahren fahre er „Bötchen”. erzählt der 73-Jährige, der ursprünglich Rhein!otse, dann Teilhaber der Kauber Fährgemeinschalft war und stets für Ceschichten und Anekdötchen rund um den Strom zu haben ist. Drüben geht es dann streng historisch verbürgt weiter. Zunächst sei nur der große fünfeckige Turm in der Mitte da gewesen, erklärt Heinrich Jung. Erbaut hat ihn im Jahr 1326 der damalige Pfalzgraf sowie römisch-deutsche König und Kaiser Ludwig der Bayer mit dem eindeutigen Ziel, sich dank der strategisch gurtstigen Lage mitten im Fluss die Zolleinnahmen zu sichern.
Eine Idylle mitten im Rhein: die Burgpfalzgrafenstein bei Kaub. 16 RZ·Leser genossen jetzt eine exklusive Führung.
Der Turm auf der Insel Falkenau habe aber nur der Kontrolle der vorbeifahrenden Handelsschiffe gedient, fügt Jung hinzu: „Die eigentliche Zollstation war drüben in Kaub.“ Ebenso faktenreich wie kurzweilig schildert er, wie der von Papst Johannes XXII. mit dem Kirchenbann belegte Wittelsbacher in den Jahren 1340 bis 1342 die zwölf Meter hohe und bis zu 2,60 Meter dicke Ringmauer rund um den Turm samt Wehrgang erbauen ließ. Lässt Revue passieren, wie nach und nach weitere bauliche Maßnahmen der Burg zu ihrem heutigen Aussehen verhalfen. Das massive Quadermauerwerk, dass seit Anfang des 17. Jahrhunderts die einst von Eisgang bedrohte Südspilze der Zollburg verstärkt, gehören beispielsweise dazu. Oder der zweite Wehrgang unterhalb des ersten. der mit Schießscharten für Handfeuerwaffen gespickt ist. 1658 kamen dann noch vier die Mauern flankierende Verteidigungserker, Anfang des 18. Jahrhunderts als bis dato letzte große Veränderung der barocke Turmheim dazu.
Erst 1867 wurde der Zollbetrieb endgültig eingestellt, danach hat die heute unter Landesflagge firmierende Burg rund 100 Jahre lang bis zu ihrer Entdeckung als touristisches K!einod leer gestanden, berichtet der Burgverwalter, der es mühelos schafft, die Zeit von damals wieder lebendig werden zu lassen. „Bis zu 25 Mann haben sich tagsüber hier aufgehalten, um den Schiffsverkehr zu beobachten“, er· zählt er. „Ein Wohngebäude war die Burg, wenn man mal von der Kommandantenwohnung absieht, aber nicht.“ Und: „Mit ihrem rustikalen Flair verkörpert die Pfalzgrafenstein in meinen Augen das, was eine richtige Burg ausmacht. Der Prunk der wiederaufgebauten Burgen stammt aus dem 19. Jahr-hundert, also einer viel späteren Zeit.“ Ob es die Pulverkammer in der ersten oder die Geschützplattform in der zweiten Etage ist.
Ob es um besagte Kommandantenwohnung geht, in der der Legende nach unter strenger Geheimhaltung die aus politischen Gründen unerwünschte Kind der Staufertochter Agnes und des Welfensohns Heinrich des Langen zur Welt kam. Oder ob sich die Führung gerade um das zur „Hebung der Zahlungsmoral auf freiwilliger Basis“ (0-Ton Heinrich Jung) in den Boden eingelassene Verlies dreht, in dem historisch verbürgt zuletzt Fernsehmoderator Günther Jauch im Rahmen einer SWR-Sendung geschmachtet hat – Jung garniert seine Führung mit zahllosen Details, die das historische Gemäuer mitLeben füllen. Und kommt damit bei seinen Zuhörern, wen überrascht es, hervorragend an.
Auch Führung durch das Blüchermuseum begeistert
Großen Anklang fand auch die anschließende Führung durch das Blüchermuseum. Nachdem Museumsleiter Dieter Weber und seine Frau Karin die Gäste mit edlen Tropfen versorgt hatten, versetzte Museumsmitarbeiterin Ingrid Leonhard die Gruppe in die Zeit rund um die Jahreswende 1813/1814, als der preußische Generalfeldmarschall Blücher und seine Armee innerhalb von nur fünf Tagen von Kaub aus den Rhein überquerten, um die bei der Leipziger Völkerschlacht geschwächten Napoleonischen Truppen weiter zurückzudrängen und dazu im Gasthaus „Zur Stadt Mannheirn”, wo sich heute das Museum befindet, sein Hauptquartier aufschlug. “Dieser Salon hier atmet europäische Geschichte”, machte lngid Leonhard in der Bel Etage des aus dem Spätbarock stammenden Palais mit seinen wunderschönen restaurierten Tapeten und anderen sehenswerten Exponaten deutlich. Gerade so, als sei sie persönlich dabei gewesen, ließ sie ihre Zuhörer in die Geschehnisse von damals eintauchen: „Hier gingen 80 Offiziere ein und aus, hier war die Hölle los.” Um Glockenschlag zwölf in der Silvesternacht 1813 sei es dann bei eisiger Kälte und dichtem Nebel losgegangen: „50.000 Soldaten, 15.000 Pferde und 182 Geschütze setzten von Kaub aus über den Rhein, eine logistische Meisterleistung bei strengster Geheimhaltung, von der man heute nur noch träumen kann.
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